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Kundenorientierung lernen - die Digitalisierung bietet auch hier neue Möglichkeiten

Geschrieben von Prof. Dr. Nils Hafner | Gastautor | 05.07.18 13:34

Launige Worte zum Einstieg: Wer kennt das nicht? Das Leben treibt Einen durch die Shoppingmall. Vor einem Schaufenster bleibt man stehen. Und sieht ein gelbes Teil. "Schickes Teil" insistiert das Reptilienhirn hartnäckig. Man betritt den Shop. Und da hängt es. Das gelbe Teil. Aber - wie das Leben so spielt - nur in S und XL. Aber der Verkäufer/Kundenberater/Customer Advisor dort hinten in der Ecke sieht doch so aus, als habe er Ahnung/Zeit oder im Idealfall beides. Hat er vielleicht auch. Nur zeigt er es nicht. Kaut Kaugummi. Auf die Frage, ob man das denn auch in der Grösse des Kunden habe, wird das Kauen kurz unterbrochen. Kauen und Denken geht halt nicht gleichzeitig. Aber eben nur Kurz. Dann mustert der Verkäufer/Kundenberater/Customer Advisor seinen potentiellen Kunden und spricht die denkwürdigen Worte: "Nee, nur das, was da häääänngt." mit der Betonung auf "häääängt". Und vergibt leichtfertig wieder eine Chance, seinen Job zu erhalten. Und treibt uns ins Internet zu Amazon, Zalando und wie die alle heissen.

Das hat sich der CRM-Stratege in der Zentrale der Shopkette aber anders vorgestellt. Er hat die Customer Journey analysiert, Touchpoints analysiert, einen Prozess entwickelt, in dem der Kunde dann ein "schickes gelbes Teil" seiner Wahl und seiner Grösse direkt beim Verkäufer/Kundenberater/Customer Advisor bestellen kann, dem Verkäufer/Kundenberater/Customer Advisor  ein modernes Tool und ein Tablet zur Verfügung gestellt und seine "Learning & Development" Abteilung hat für unseren Verkäufer/Kundenberater/Customer Advisor auch extra ein Training entwickelt.

Nur konnte unser Verkäufer/Kundenberater/Customer Advisor daran nicht teilnehmen, weil er Chantalle (wie man`s spricht) und "Üffes" (schreibt sich Yves) früher aus der Kita abholen musste, weil Erzieher Dieter zur Fortbildung (sic!) musste. Nun hat ihm der Stratege auch ein modernes eLearning Modul zur Verfügung gestellt, in dem er erfährt wie er das Tool und das Tablet nutzt. Aber das läuft nur auf seinem Tablet. Und ausserdem sind die Inhalte von L&D meist öde. Früher ging Verkauf ja auch ohne.

Man merkt: Kundenmanagement ist ein Change-Thema. Kompetenzaufbau, Führung und Motivation müssen da zusammen kommen, damit unser Verkäufer/Kundenberater/Customer Advisor das geplante Kundenerlebnis samt einem passenden schicken gelben Teil auch an den Kunden bringen kann. Denn da gehört es hin.

Meine bescheidene Kernfrage ist daher in diesem Blogbeitrag: 

Wer kümmert sich eigentlich im Digitalzeitalter im Unternehmen ums Lernen und um die Lernmotivation, gerade wenn es darum geht, Produkte und Kunden gut kennen zu lernen und in solchen Situationen wie oben beschrieben, richtig zu handeln? 

Augenscheinlich wenige. Und das ist meine Motivation jährlich die nunmehr neunte "Learning Innovation Conference" (LICon 18) in Zürich mit zu gestalten und zu moderieren. Und das habe ich Mitte April getan. Und dabei wieder spannende Cases rund um das Thema "neues digitales und analoges Lernen" gesehen.

Am Meisten hat mich dabei der Case der Swisscom ENT Academy beeindruckt.

Diese hat im Jahr 2017 ihr Operating Modell komplett umgestellt, wie Patrick Veenhoff, Head of ENT Academy berichtet. Anstatt wie in klassischen L&D Abteilungen primär Training Content (sei es online oder im Classroom Setting)  zur Verfügung zu stellen, hat man sich an zwei der erfolgreichsten Unternehmen unserer Zeit orientiert. Die Vision der der Academy orientiert sich an airbnb. Na klar. Grösste Hotelkette ohne eigene Zimmer. Also Academy ohne eigenen Content. Dafür hat airbnb eine  Plattform im Netz. Swisscom ENT Academy jetzt auch. airbnb coacht die Vermieter beim Content auf die Plattform stellen. Genau das gleiche machen die 13 Mitarbeiter der Swisscom ENT Academy heute. Nur eben für Lerncontent. Und das hat gleich mehrere Vorteile. Zum einen generieren die Menschen im Unternehmen den zu vermittelnden Content, die das grösste Interesse und damit die meiste Energie an bzw. für die Vermittlung haben: Innovatoren, Produktmanager, Mitarbeiter. Leute, die das Unternehmen nach vorn bringen wollen. Weg vom "Man müsste mal..." hin zu "lass uns machen". Das nennt man heute agil.

 

Das Operating Model der ENT Academy orientiert sich an Netflix. Solider Content, gute User Experience und ständiges Lernen. Und dafür sorgen die Academy Mitarbeiter als Coaches für die Mitarbeiter als Produzenten der Lerninhalte. Da fallen natürlich Abstimmungssitzungen weg und Lernen und Lehren wird zum Kulturelement, weil es viele machen. Und das macht offenbar zufriedener mit dem Lerninhalt,. +10% Zufriedenheit, -25% Kosten für Trainings. Na klar, Mitarbeiterzeit nicht eingerechnet. "Ich frage da keinen nach seinen Kosten, ich bin Holländer" so Vennhoff an der Konferenz. Natürlich gibt das hie und da Konfliktpotential ("Meine Mitarbeiter haben keine Zeit, Trainings zu entwickeln") aber das führe primär auch dazu, das Modell der ENT Academy weiter zu entwickeln. Und das scheint zu funktionieren. Im Herbst wird die Plattform auf die gesamte Swisscom ausgerollt.

Die zehnte Learning Innovation Conference findet am 2. und 3. April 2019 in der Messe Zürich statt. 

Dieser Blogbeitrag wurde von unserem Gastautor Nils Hafner verfasst und ist am 2. Mai 2018 in seinem Blog Hafner on CRM erschienen.

 

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